Frank Schulz – Onno Viets und der Irre vom Kiez

Frank Schulz – Onno Viets und der Irre vom Kiez

Frank Schulz ist wortgewaltig. Und von dieser Wortgewalt macht er auch in seinem neuen Buch bis zum Erbrechen Gebrauch. Nur selten kam es in der Vergangenheit vor, dass ich Sätze zwei- bis dreimal lesen muss, um Anfang und Ende in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen. Master of Verschachtelung. Die Geschichte lässt sich nicht schnell nacherzählen, ist aber höchst amüsant. Dieter Bohlen kommt nicht gut weg, auch wenn er nie erwähnt wird. Allein deswegen ist das Buch lesenswert. Sehr loebenswert von Schulz, dass er einen großen Teil seiner Inspirationen in den Quellenangaben vermerkt – so sei ihm die deutliche Anlehnung an GEIL AUF GEWALT – UNTER HOOLIGANS in einer Szene auch verziehen. Für Hamburger und Hamburg-Verbundene eine Pflichtlektüre.

 

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Norah Jones – Little Broken Hearts

Norah Jones – Little Broken Hearts

Gab es Anfang der Nuller-Jahre eine Künstlerin auf die sich Ally MacBeal-Fans und Jazz-Café-Besucherinnen einigen konnten, war das zweifelsohne Norah Jones. Ihre ersten beiden CDs gehörten in jedes gutsortierte IKEA-Regal und standen meist zwischen den Schlank im Schlaf-Ratgebern und der Sex & the City-DVD. Leider war Norah Jones nach ihrem ersten Album genauso langweilig, wie sich das hier liest. Und als nun Danger “Mighty” Mouse ankündigte das neue Album zu produzieren, war ich skeptisch. Und doch: Sein Plan, Frau Jones zu skelletieren und roher zu produzieren, geht auf. Kann man sich durchaus anhören, ohne sofort an Räucherkerzen und schummrige Mädelsabende mit Prosecco oder Früchtetee denken zu müssen. Und die alte Stammkundschaft wird vielleicht nicht einmal verstört und sortiert die neue CD dann eben neben “Shades of Grey” ein.

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Diverse – So80s (Blank & Jones)

Diverse – So80s (Blank & Jones)

Leider reduziert sich die öffentlich Wahrnehmung von Musik aus den 80ern meist auf einige wenige Titel der sogenannten Neuen Deutschen Welle und Michael Jacksons Thriller. Blank & Jones leisten also wertvolle Arbeit, wenn sie in ihrer Reihe “so80s” zum Teil vergessene Schätze aus den Archiven hervorkramen. Und wie es in den 80ern üblich war: Natürlich immer als Extended Version. Jede Folge (derzeit 7) besteht aus 3 CDs. Ein Mix und 2 CDs mit den kompletten Versionen der im Mix enthaltenen Songs. So faszinierend das Wiederhören von aus dem Gedächtnis verdrängten Perlen auch ist: Es ist schlicht unmöglich alle Folgen durchzuhören, ohne genervt die Hörer vom Kopf zu reißen und nach Stille zu gieren, so überfrachtet und dicht sind teilweise die vorgestellten Versionen. Tolle Idee, tolle Umsetzung, aber wirklich nur wohl dosiert konsumierbar.

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Moritz von Uslar – Deutschboden

Moritz von Uslar – Deutschboden

Eigentlich ein spannendes Experiment: Ein Berliner Autor verschwindet für ein paar Monate in das Niemandsland, dass Berlin umgibt. Er freundet sich mit Einwohnern der Kleinstadt an, er versucht die ostdeutsche Seele jenseits von Berlin zu erkunden. Er zeichnet ein durchaus positives Bild der Menschen, die sich in einer Matrix aus Perspektivlosigkeit, Hartz4, schöner Landschaft und geduldeter Rechtstümelei bewegen. Und genau da fehlt es dem Buch: Er läßt die Einwohner über die Gründe ihrer (früheren?) Gesinnung referieren, er läßt sie erklären, warum sie nun nicht mehr “rechts” sind, er greift diesen Faden aber nicht auf, wenn sie sich aber nur zu offensichtlich weiterhin in den engen Grenzen rechter Gesinnung bewegen. Er nimmt es hin und verpackt es in die sommerliche Idylle der brandenburgischen Seenlandschaft. Schade, hätte entlarvender sein können.

 

deutschboden

THE XX – COEXIST

THE XX – COEXIST

Mal ehrlich: Kam man in den letzten 2 Jahren  an irgendeiner “Dokumentation” oder einem “Ratgeber” bei den üblichen Verdächtigen VOX, SAT1, RTL und RTL2 vorbei, in denen nicht INTRO  von THE XX verwendet wird? Die Verwendung von THE XX in diesem Kontext zeigt einem aber erstmal, wie erfolgreich das Debüt der Band war. Mit dem ersten Versuch angekommen im Mainstream. Da aber auch bei mir das Debüt 2 Jahre lang in Dauerrotation lief, war die Vorfreude auf den (und die Angst vor dem) Nachfolger groß. Leider war die Angst berechtigt. Ich habe mir viel, sehr viel Zeit genommen, das neue Album sacken zu lassen und habe ihm wieder und immer wieder eine Chance gegeben. Natürlich handelt es sich immer noch um eines der besseren Veröffentlichungen des Jahres 2012, aber leider setzte sich bei mir schon beim ersten Hören im September die Erkenntnis fest, dass es sich beim Nachfolger auch gut um ein B-Seiten-Album des Debüts handeln könnte. Und leider wird sich niemand für ein drittes Album interessieren, wenn THE XX es nicht schaffen sollten, ihren Stil ein wenig zu variieren und auch mal andere Sounds und Einflüsse zuzulassen.

Kid Kopphausen – I

Kid Kopphausen – I

Kurz nach der Veröffentlichung habe ich mir das länger erwartete Album von Nils Koppruch und Gisbert zu Knyphausen gekauft. Irgendwann im Sommer oder Spätsommer. Die beiden zusammen auf einem Album: Kann man nichts verkehrt machen, dachte ich. Zweimal gehört, nix hängen geblieben. Belanglos. Dann kam der Oktober und irgendwann Mitte des Monats ereilte mich die Nachricht vom Tod Nils Koppruchs. Und plötzlich war das Album ein anderes. Ich habe mich am Tag, nach dem ich vom Tode Nils´erfahren habe, den ganzen Tag nichts anderes gehört, ich habe jeden Song nach einer latenten Todessehnsucht abgesucht (und nichts gefunden, was mich noch trauriger gemacht hat, denn damit war für mich klar: Du kannst auch mit einer 4 vor dem Komma sterben, natürlich). Lange Rede, kurzer Sinn: Das Album ist für mich DAS deutschsprachige Album des Jahres. Ja, ich gebe zu, dass dies erst durch die tragischen Umstände ans Licht kam. Und man kann das auch für Gefühlsduselei halten. Geschenkt. Trotzdem läuft das Album bei mir auf Dauerrotation. Seit Oktober. Seitdem Nils Koppruch plötzlich verstorben ist. Warum? Weil dieses Album vor Lebenslust platzt.

 

 

 

Fraktus – Millenium Edition

Fraktus – Millenium Edition

Studio Braun … das war schon mal lustiger. Fraktus als große “Pre-Techno”-Verarsche aufbauen, wichtige Namen mit ins Boot holen, “viral” streuen und die Feuilletons fahren drauf ab. Ganz toll, sowas wurde auch noch nie gemacht.
Könnte eigentlich auch wirklich schön sein, nur leider klingt das ganze Ding nicht ein Stück nach dem was es sein soll und ist zudem völlig unkomisch. Statt den Fake konsequent durchzuziehen, hat man sich dann doch auch lieber auf den Namen Studio Braun verlassen um das Ding zu verkaufen. Hätte es Fraktus wirklich gegeben, keine Sau würde sich dafür heute noch interessieren. Da gab es zu der Zeit in der Tat einfach viel besseres. -zen (heute humorlos)

Channel X – Wonderland

Channel X – Wonderland

Nach der kleinen Enttäuschung namens Oliver Koletzki (siehe weiter unten), gelingt dem Berliner Label STIL VOR TALENT nun eine deutlich gelungenere Veröffentlichung. Zwar findet man auch auf WONDERLAND Tracks, die das große Manko von House – nämlich den Hang zur Uniformität und Beliebigkeit – mit sich herumschleppen müssen. Dafür ballert und bollert es an anderer Stelle ganz hervorragend an der Bassmembran und sorgt für ein großes AHA beim geneigten Hörer. Somit haben CHANEL X mit WONDERLAND die Beschallung für den frühen Samstagabend in ca. 50% aller Berliner Bars und Lounges für die nächsten Monate sichergestellt. Ganz bestimmt eines der besseren House-Alben in diesem Jahr.

 

 

Picmonkey

Picmonkey

Anfang des Jahres machte eine traurige Meldung die Runde: Google lässt picnic sterben (bzw. in seinen Produkten weiterleben). Die Suche nach einem gleichwertigen Ersatz währte nur kurz – Picmonkey schickte sich an, alles Nutzer von picnic zu erben, die ein schnelles, simples und vor allem webbasiertes Bildbearbeitungswerkzeug suchten. Und nach mehreren Monaten Nutzung kann man sagen: Ein mehr als vollwertiger Ersatz. Der Affe ist noch simpler und smarter und lässt einen picnic nicht eine Sekunde vermissen. Soll Google damit doch glücklich werden…

www.picmonkey.com

 

Randale – Punkpanda Peter

Randale – Punkpanda Peter

Für alle Eltern beginnt nun wieder so langsam die musikalisch schlimmste Jahreszeit: In der Weihnachtsbäckerei…! Rolf Zuckowski oder Detlev Jöcker on Heavy Rotation wecken die Sehnsucht nach “anderer” Kindermusik. Und die Hilferufe wurden erhört. Randale. Der Name ist Programm. Punk für Kinder. Mit der pädagogischen Brille zuckt man bei der einen oder anderen Formulierung, letztendlich lassen aber auch die Eltern schmunzelnd zurück. Was besonders gefällt: Es wird der Alltag von Kindern aufgegriffen und keine Geschichten aus Bullerbü erzählt. Schöne Abwechslung im Kindermusik-Allerlei. Und nächstes Jahr kommt dann Green Day in die Anlage!